Karosserien
- Autos abgewickelt
Übung zur zeichnerischen Abwicklung und zum Modellbau von Autokorosserien für die 8. Jahrgangsstufe des Gymnasiums von Uli Schuster 2006 |
Die Abwicklung einer Körperoberfläche in die Zeichenebene stellt ein elementares Bindeglied dar zwischen Plastik und Zeichnung. Sie schult das räumliche Vorstellungsvermögen, die maßstabsgetreue, präzise zeichnerische Darstellung und bietet im Modellbau eine ausgezeichnete Instanz zur Selbstkontrolle für die Stimmigkeit des Entwurfs. Autokorosserien liefern ein selbst bestimmbares Repertoire an Schwierigkeitsgraden, mit dem sich auch ein Verständnis von der historischen Enstwicklung des Karosseriebaus verbinden lässt. Und schließlich ist das Auto ein Verkehrsmittel mit dem die Schüler ebenso alltägliche Erfahrungen verbinden, wie sie es mit positiven Vorstellungen von Mobilität, Unabhängigkeit, Erwachsensein verknüpfen können. |
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Wenn die Schüler in den vorausgegangenen Jahrgangsstufen noch nie mit der geometrischen Netzdarstellung - hier genannt "Abwicklung" - in Berührung gekommen sind, dann sollte man dies in einem Vorspann nachholen. Die Abwicklung mag man sich gedanklich so erschließen, wie sie sich dem menschlichen Verstand historisch erschlossen haben mag: Der prähistorische Jäger, der ein Tier erlegte, lernte rasch, sich neben dem Fleisch, den Sehnen und den Knochen auch die Tierhaut nutzbar zu machen. Das Abziehen, Spannen und Trocknen des Fells bringt die ehemals plastisch geformte Körperoberfläche in die Ebene, bevor durch Schnitt und Naht daraus ein neues Körperkleid gebildet werden kann. Der Karosseriebauer nimmt hier Anleihen vom Schneider, wie auch schon der Rüstungsschmied des Mittelalters sich Schneiderwissen aneignen musste, um Helm und Harnisch an den Körper eines Ritters oder seines Streitrosses anzupassen. |
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Ein Überblick über
die Entwicklung der Automobilkarosserie macht mehrere Stufen sichtbar.
Zunächst ähnelt der "Selbstbeweger" (auto - mobil) einer offenen
Kutsche ohne vorgespanntes Pferd. Der Karosseriebau lag zunächst auch
in den Händen des Wagenschmieds oder Wagners, der vorzugsweise Holz,
Leder und Leinen in der Fahrgastzelle verarbeitete und nur den tragenden
Rahmen, das Fahrgestell, die Achsen und Federn aus Eisen schmiedete,
oder diejenigen Teile des Motorraums mit Blech ummantelte, die der großen
Hitze des Motors ausgesetzt waren. Die "Schnauze" bildete sich erst aus
als der Motor mit steigendem Gewicht und wachsender Geschwindigkeit von
hinten nach vorn in den Wagen wanderte. Man kann mit den Schülern
erörtern, was das für Vor- und Nachteile mit sich brachte und
welche Autos heute noch den Motor hinten haben. Bei einem Zusammenstoß
ist der Motor vorne ein Puffer für die Menschen in der Fahrgastzelle.
Wenn bei frontalem Motor der Antrieb auf die Hinterachse übertragen
werden muss, ist eine lange Kette oder Welle notwendig.
Der luftige Wagen erhielt bald Konkurrenz von einem kastenförmig umkleideten Wagen, der sich im Aussehen schon sehr stark von einer Kutsche unterschied. Die Räder wurden kleiner. Stoßstange, Kühlergrill und Lampen prägen nun die Front. Die Fahrgastzelle ist geschlossen und im Sichtbereich großflächig verglast. Für Gepäck gibt es eine hintere Ladefläche. Kotflügel und Trittbrett sind noch deutlich abgesetzt und erinnern stark an den Vorläufer. Der Karosseriebau war vielfach noch individuelle Handarbeit, während Motor und Fahrzeugrahmen bald vom Fließband liefen. Vermutlich aus dem Rennsport kommen seit den 30er Jahren des 20. Jh. zunehmend dynamische, runde, fließende Formen im Karosseriedesign. Alles was dem Fahrtwind entgegensteht, wird nach Möglichkeit in den Gesamtaufbau integriert. Die wachsende Geschwindigkeit, bessere Straßen, dichterer Verkehr schaffen neue Bedingungen auch für den Karosseriebau. Daneben erweitern sich die technischen Möglichkeiten Bleche zu stanzen, Glas zu formen, Kunststoffe einzusetzen. |
Aufgabe:
Die Schüler erhalten ein Arbeitsblatt, auf dem in fotografischen Abbildungen vier historische Automobile abgebildet sind. Zur Einübung in das Formenrepertoire von Autokarosserien soll jeder neben die vorgegebenen Abbildung eine reine Profilansicht = Seitenriss zeichnen, die sich auf die Proportionen und die wesentlichen Linien konzentriert. Daneben ist auf dem Blatt Platz für eine erste eigene Ideenskizze, die ebenfalls als reine Profilansich zu zeichnen ist und schon Rücksicht nehmen soll auf die geplante Umsetzung als Ausschneidebogen. Zeit für diese Aufgabe ca 30 Minuten |
2. Stunde: Entwurf und Konstruktion
Zu Beginn der Stunde werden einige der Entwürfe besprochen, die in der vergangenen Stunde entstanden sind. Da gibt es respektable Ergebnisse ebenso wie solche, die in kindlichen Mustern stecken, die für 13-14 Jährige nicht mehr angemessen erscheinen. Nur selten spürt man, dass die Vorarbeit nutzbringend war. In dieser Klasse sind es eher die Mädchen, die von den vorher gezeichneten Seitenansichten profitieren. | |
Während das erste Modell Anleihen nimmt beim britischen Look des Cooper, mutet das zweite Modell eher französich an, könnte eine Variante des Citroen sein. Die geschwungenen Formen (vielleicht bis auf den Fahrzeugboden) sind durchaus auch im Papiermodell umsetzbar. Türen fehlen noch bei beiden Fahrzeugen, beim zweiten sollten auch noch Rücklichter, eventuell seitliche Zierleisten, Fensterrahmen, Radkappen und andere Details ergänzt werden. | |
Der Autor des dritten Modells nimmt die Sache offensichtlich nicht ernst, macht sich weder Gedanken über eine differenzierte Form noch über die Umsetzung der Zeichnung in ein baubares Modell. Dabei könnte die angedeutete Rakete schon einen denkbaren Weg aufzeigen, wenn weitere Überlegungen folgen würden. Der Schüler wird ermahnt: Es könnte sein, das der TÜV einem derartigen Fahrzeug die Zulassung verwehrt und auch dieser Fahrer wegen zu kindlichen Erscheinungsbildes nicht zur Führerscheinprüfung zugelassen wird, bestenfalls auf einem kindersicheren Rücksitz Platz nehmen darf. |
Ein Ausschneidebogen führt der Klasse vor Augen, wie man eine Abwicklung sinnvoll gestalten kann. Um die Zahl der Klebestellen zu minimieren sollen die Teile so weit wie möglich zusammenhängend entworfen werden. Im Zentrum der Arbeit stehen die beiden spiegelgleichen Seitenflächen, die hier über das Fahrzeugdach zusammenhängen. Etwas eigenartig mutet an, dass die Front mit der Motorhaube an einem Seitenteil anhängt. Ein symmetrischer Aufbau würde diese Teile in Verlängerung der Windschutzscheibe anordnen. Ein Kernproblem für unsere Arbeit werden die beiden spiegelgleichen Seitenteile werden. Wie könnte man die herstellen? Ein Schüler schlägt vor nur eine Seite zu zeichnen und sie mit Hilfe eines Scanners zu kopieren, zu spiegeln und auszudrucken. Da wir diese technischen Möglichkeiten besitzen wollen wir sie dem Vorschlag gemäß nutzen. Die Ausschneidebögen sollen letztlich das Format A3 nicht überschreiten und die Autos sollen einem gemeinsamen Maßstab folgen. Schließlich benötigen wir für den Modellbau ein etwas festeres Papier, als es unsere Zeichenblöcke liefern. Wir werden also die gezeichneten und montierten Ausschneidebögen mit Hilfe eines Fotokopierers erst auf Zeichenkarton kopieren bevor wir der Karosserie mit Farbe den letzten Schliff verpassen. |
Folgende Schritte sind im
Heft festzuhalten:
Aufgabe Autokarosserie Folgende Schritte sind auszuführen:
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3. Stunde: Schritt 1 Reinzeichnung Seitenriss
4. Stunde: Schritte 2 bis 6 Abwicklung
Nach dem Scannen werden die beiden gespiegelten Seitenansichten so auf ein Zeichenblatt geklebt, dass zwischen ihnen der Streifen für den Fahrzeugboden entsteht. Dieser wird nun nach vorne und hinten verlängert, wobei die Maße für die Fahrzeugfront, für die Motorhaube, für das Frontfenster, das Wagendach, das Rückfenster und die Rückfront insgesamt maßgerecht übertragen werden. Wo sich Rundungen nicht gut abmessen lassen, kann man einen Faden zu Hilfe nehmen. Als nächster Schritt steht die Reinzeichnung dieser Karosserieteile an und schließlich sollen die Schüler auch die Passagiere einzeichnen. Zwischen Schritt 4 und 7 bleibt ein hinreichender Zeitraum, in dem alle Reinzeichnungen mit Hilfe eines Fotokopierers auf einen leichten Modellkarton ausgedruckt werden können, bevor sie dann koloriert und ausgeschnitten werden. |
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Schülerarbeiten
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Sollte man eine Klasse erwischen, die Spaß hat am Autobau und offen ist für eine Erweiterung der Aufgabenstellung, dann ließe sich z.B. als Animation ein "Rennen" veranstalten. In einer Anschlussaufgabe wird dann die Ansicht einer Stadt gestaltet mit einer endlosen Straße oder einer Kreuzung etc... Diese Zeichnung oder das Modell dient später als Kulisse für einen Film oder eine Animation ganz im Stil von "Metropolis" (Fritz Lang 1927). Im Bild sieht man die Animateure, die für jede Aufnahme in der Kulisse der Stadt jedes der 300 Modellautos um wenige Millimeter verrücken mussten. |
Nahezu zu jedem Autotyp findet man im
Internet einen Ausschneidebogen
Über die Modellentwicklung beim Karosseriebau informieren Internetseiten der Autohersteller |