Der Portraitist
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Das Malen 'nach der Natur' gehörte zu den fortgeschrittenen Aufgaben in der Malerwerkstatt. Hier ist damit sogar eine Auftragsarbeit verbunden. Dieser Maler ist demnach bereits ein erfahrener Schüler, ein Geselle. Die Dame ist eine Kundin aus besserem Hause. Sie hat als Anstandsdame eine Magd dabei. Vornehme Fräulein durften nicht allein aus dem Hause gehen. Man kann daraus den Schluß ziehen, daß die junge Frau im heiratsfähigen Alter ist und das Portrait der Suche nach einem Bräutigam dienen soll. Derartige Hochzeitsbildnisse waren bei reichen Kaufleuten durchaus üblich, wenn sie ihre Töchter zur Sicherung ihrer Geschäftsbeziehungen etwa an den Sohn eines Handelspartners in einem anderen Land verheiraten wollten. Bei Portraitaufträgen wurde oft vertraglich vereinbart, daß der Meister selbst das Gesicht auszuführen hatte, während das Gewand (Draperie) oder der Hintergrund Gesellenarbeit sein konnten. Das war letztlich eine Preisfrage. Eine Frage des Preises war schließlich neben den verwendeten Farben auch die Bildgröße. Hier haben wir es - für ein Portrait eher ungewöhnlich - mit einem Halbbild zu tun. Für repräsentative Zwecke war das Ganzbild besser geeignet, während für den Transport das kleinere Brustbild die besten Voraussetzungen bot. 
Ölmalerei hat den Vorzug, daß man das Bild nach dem Trocknen aus dem Rahmen nehmen, rollen und so relativ leicht, platzsparend und sicher über weite Strecken transportieren konnte. Das hat den Handel mit Bildern wesentlich beflügelt.