Leitfaden 
für die (Internet-) Recherche im Kunstunterricht

von Uli Schuster

Die Arbeit mit Texten steht in der Kunsterziehung unter einem besonderen Stern. Bis hin zur Oberstufe spielt der Umgang mit Texten in der Kunsterziehung kaum eine Rolle, und falls doch Texte gelesen oder verfaßt werden, dann geht es bestenfalls um die Verwendung fachlich angemessener Terminologie, um die Lektüre von Zitaten oder das Verfassen von knappen Bildbeschreibungen.
Die Internetrecherche verlangt einen kritischen Umgang mit Texten, der so in der Kunsterziehung nie gelehrt wird. Eine Textsorte aufgrund ihres Inhalts, der Wortwahl, oder ihrer Zielrichtung zu erkennen, sie richtig einzuschätzen und in ihrem Gehalt bewerten zu können, das muß auch für Texte aus dem Bereich der Kunsterziehung erst gelernt werden.
Ich versuche zunächst solche Textsorten zu benennen:

1. Der biografische Text
2. Die Werkmonografie, Werkbeschreibung
3. Die Werkkritik

1. Der biografische Text
Welche Anforderungen sollen an einen Künstler-Lebenslauf gestellt werden? Ich habe in meinem LK aus Kindlers Malereilexikon biografische Texte zu einzelnen Künstlern des Expressionismus herausgezogen und an die Schüler verteilt. Ihre Aufgabe war es, diese Texte mit Hilfe eines inhaltlichen Rasters neu zu sortieren und zu formulieren. Das Raster haben wir gewonnen durch die gemeinsame Lektüre eines solchen Lebenslaufs:

Name, Vorname 
Lebensspanne, Biografische Eckdaten 
wo gelebt, Elternhaus, Familie, Nationalität
Beruflicher Werdegang 
Freundschaften, geistige Verwandtschaften
Wichtige Bilder (ca 5) benennen 
Themen, Techniken, Charakteristika

Das Raster gibt vor, wozu die Biografie Aussagen treffen soll. Für den Fall, daß der gegebene Text zu einem der Punkte nur spärliche oder keine Aussagen enthielt, sollte der Schüler in anderen Texten nach den entsprechenden Daten suchen. Neben einem 10-bändigen Kunstlexikon stand dazu ein Künstlerlexikon zur Verfügung. Jeder der hier genannten Punkte könnte wieder durch ein Fragenraster genauer bestimmt werden. 

Beispiel: Was bedeutet beruflicher Werdegang bei einem Künstler?
Schulbesuch, 
Studium, 
Lehrer, 
Ausstellungen in Gruppen, 
Einzelausstellungen, Kataloge, 
Ankäufe von Sammlern, 
Museen, 
Auszeichnungen, 
Stipendien, 
Berufungen...

Die Schüler konnten nun durch Befehle copy und paste erst einmal die Aussagen den einzelnen Punkten zuordnen, was manchem der Oberstufenschüler schon nicht leicht fiel. Da es mir auf geschliffene Formulierungen nicht ankam, sondern eine mehr tabellarisch und schnell überschaubare Form gefunden werden sollte, mußten anschließend viele Sätze umformuliert, gekürzt oder ergänzt werden. Schließlich liefert das Raster ein Kriterium für den Gehalt der Textvorlage, die daran gemessen und bewertet werden kann.

Beispiele: 
http://www.kusem.de/lk/kompana/leben/jawlensk.htm
http://www.kusem.de/lk/kompana/leben/kandin.htm
http://www.kusem.de/lk/kompana/leben/matisse.htm
http://www.kusem.de/lk/kompana/leben/vlaminck.htm
http://www.kusem.de/lk/kompana/leben/munter.htm

2. Die Werkmonografie, Werkbeschreibung
Welche Anforderungen sollen an so einen Text gestellt werden? Ich habe meine Schüler im Rahmen einer Schulaufgabe auf die Suche nach Bildern geschickt. Die Aufgabe dazu lautete:
 
Aufgabe: Recherche 
Recherchieren Sie im Internet je einen der folgenden Künstler und sein Kunstwerk aus der Epoche des Surrealismus und finden Sie die Werkdaten (Entstehungszeit, Maße, Objektbeschreibung z.B. Aquarell auf Papier, Standort)
 
Künstler Deutscher Bildtitel
Magritte "Persönliche Werte"
De Chirico "Beunruhigende Musen"
Miro "Karneval des Harlekins"
  • Suchen Sie die Bilder im Netz, speichern Sie sie in Ihrer persönlichen Datei und kopieren Sie die Netzadresse der Bildquelle in ihr Klausurblatt.
  • Suchen Sie einen biografischen Text zum Künstler, und kopieren Sie ihn sowie seine Netzadresse in Ihr Klausurblatt.
  • Suchen Sie die Werkdaten und kopieren Sie sie mit Netzadresse in ihr Klausurblatt.
  • Dokumentieren Sie ihren Rechercheweg, indem sie die angesteuerten Quellen und Suchmaschinen angeben und kurz kommentieren.

Die Aufgabe impliziert eine Antwort auf die Frage: Welche Daten sollen wir im Zusammenhang mit Werken der Malerei kennen?
Die Bilder waren alle danach ausgewählt, daß für den vollständigen geforderten Datensatz eine einzelne Netzquelle kaum ausreichen würde. Die Schüler konnten unter dem Namen des Künstlers suchen und dabei auf Werkverzeichnisse treffen. Als zweiten Weg bot ich Ihnen die Suche nach dem Stilbegriff Surrealismus an. Bei den meisten Titeln war die Suche schwerer, weil die Bilder entweder unter ihren originalen Titeln oder ins englische Übersetzt im Netz zu finden sind. Hier hilft dem Schüler der von mir angegebene deutsche Titel nur indirekt. Wenn er beispielsweise den englischen oder französischen Titel findet, kann er u.U. das Bild identifizieren. 
Beispiel A
Die Schüler kannten die zu suchenden Bilder nicht. Je nach der eingeschlagenen Suchstrategie konnte es passieren, daß sie bei einem Bild vergeblich suchten und dann nochmal bei einem anderen anfangen mußten.
Hinter der Aufforderung eine Quelle zu kommentieren stand die Erwartung, daß die Quellen auf ihre Ergiebigkeit bewertet werden sollten. In einigen Fällen stellte sich heraus, daß die Quellen widersprüchliche Angaben machten z.B. über den Standort eines Bildes. So ware z.B. das Bild von Magritte zu diversen Ausstellungen auf Reisen gewesen ohne daß dort dann der angestammte Ort erwähnt wurde. 
Beispiel B
Schließlich gibt es von De Chiricos Bild mehrere Versionen, u.a. eine in München. 
Wenig Verlaß war auf die von den Schülern gefundenen Maßangaben, die zum Teil metrisch oder in Inches angegeben waren. 
Die zeitliche Zuschreibung ist bei Werken der Moderne weniger kritisch, kann aber bei älteren Werken durchaus sehr stark differieren.

3. Die Werkkritik
Eine in meinen Augen interessante Textform für den Kunstunterricht in der Oberstufe ist die Kritik. Die dazu erdachte Aufgabenstellung konnte ich leider selbst noch nicht zur Anwendung bringen. Ich denke aber etwa an folgendes: Nach der Lektüre einiger einschlägiger Texte aus Feuilletons, Eröffnungsansprachen oder Katalogen und der Bestimmung von einschlägigen Formeln und Worthülsen sollen die Schüler einen vom Lehrer bestimmten Gegenstand so beschreiben, daß er durch die Art der Beschreibung zum Kunstwerk wird. Inwiefern hier eine Recherche im Internet hilfreich sein kann ist mir noch nicht klar.

FAZIT: Methodische Aspekte der Internetrecherche
Welche Anforderungen soll eine Recherche von Texten in der Kunsterziehung erfüllen und welche Fragen sollen an einen Text gestellt werden, der irgendwo im Netz gefunden wurde?

Eine Recherche in der Kunsterziehung soll Quellen finden, die eine textliche oder bildliche Aussage zu einer gestellten Fragestellung oder einem Objekt liefern. Je mehr Quellen eine Aussage in gleicher Weise belegen, desto besser für den Wahrheitsgehalt der Aussage. Widersprüche zwischen verschiedenen Quellen besitzen eine eigene Aussagekraft, die im Zuge der Recherche zu interpretieren und, wenn möglich, zu bewerten ist.
Jede Quelle ist zu identifizieren: Wer sagt was, wann, wo!

Was bedeutet Recherchekompetenz?

  • Kenntnis gängiger und fachlich ergiebiger Suchmaschinen 

  • Dazu gehören in der Kunst z.B.:
    http://www.kunstunterricht.de
    http://www.google.de
    http://www.artchive.com
    http://images.google.com
    http://www.Altavista.com
  • Beherrschen eines Repertoires an zielführenden Suchstrategien

  • Dazu zählen z.B.:
    Zuordnen einer Fragestellung zu einem Aufgabenfeld
    Aufschlüsseln einer Fragestellung nach Suchbegriffen
    Auswahl eines erreichbaren und angemessenen Rechercheinstruments
    (Bibliografie eines Buchs, Bibliothek, Spezielle Lexica, CD-ROM's, Internet...)
     
  • Beherrschen einer Methode des Sammelns, Ordnens und Verwaltens von Daten aus elektronischen Kanälen

  • Anlegen eines Ordners für die recherchierten Seiten.
    Während der Suche ein Protokoll führen, in dem die angesteuerten Suchmaschinen, die gefundenen Quellen (URL's) und die gespeicherten Seiten gelistet und knapp kommentiert sind.
    Zuletzt: Speichern der History
     
  • Beherrschen eines Repertoires von Validierungskriterien

  • Befragen mehrerer Quellen
    Beobachtungen zum Kontext einer Quelle
    Beobachtungen zur Seriosität von Quellen (Autor, Datum, Referenz)
    Feststellen von Widersprüchen
    Suche nach Kontrollinstanzen
Netzquellen:
Hier finden Sie eine Seminararbeit von Christian Dobmeier zum Thema Internetrecherche mit dem Titel "Fischen im Netz", auf deren Erfahrungen dieser Leitfaden  mit gründet.
http://www.kunstunterricht.de/material/dobmeier/fischen